Es führt ein Weg ins Nirgendwo
Mittwoch, 12. Januar 2005
Komm, gib mir Deine Hand


Wer schon immer mal wissen wollte, wer an seinem Geburtstag auf Platz 1 der Hitparade war, kann das hier nachschauen.

Der Text des bis heute mir unbekannten Liedes hat mich schwer beeindruckt:

Heute hauen wir auf die Pauke,
ja, wir machen durch bis morgen früh.
So ein Tag, so schön wie heute,
ist für uns die beste Medizin.

Komm gib mir Deine Hand,
denn heute feiern wir.
Wir sind so froh gelaunt,
und haben allen Grund dafür.

Es wird Rabatz gemacht,
solange es die ganze Bude kracht.
Und wenn die anderen zur Arbeit gehen,
sagen wir gute Nacht.

Es wird Rabatz gemacht,
solange es die ganze Bude kracht.
Und wenn die anderen zur Arbeit gehen,
sagen wir gute Nacht.

Warum sich soviel plagen,
das schlägt nur auf den Magen,
warum sich streiten, wenn es schöner ist sich zu vertragen.
Das Leben ist doch viel zu kurz und seid bescheid',
sich über dieses und jenes zu ärgern ist immer noch Zeit.

Heute hauen wir auf die Pauke,
ja, wir machen durch bis morgen früh.
So ein Tag, so schön wie heute,
ist für uns die beste Medizin.

Komm gib mir Deine Hand,
denn heute feiern wir.
Wir sind so froh gelaunt,
und haben allen Grund dafür.

Es wird Rabatz gemacht,
solange es die ganze Bude kracht.
Und wenn die anderen zur Arbeit gehen,
sagen wir gute Nacht.

Es wird Rabatz gemacht,
solange es die ganze Bude kracht.
Und wenn die anderen zur Arbeit gehen,
sagen wir gute Nacht.

Heeeeyyyy.....

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Hinterhof



Ausgelassenes Beisammensein ist in meinem Hinterhof nicht möglich.

Bei mir gegenüber wohnt eine reifere Frau, die in der Vergangenheit des öfteren schon durch faschistische und rassistische Äußerungen aufgefallen ist. Wenn es ihr in den Abendstunden draußen zu laut ist, reißt sie das Fenster auf und droht den Unruhestifftern mit einem Schuh, den sie wild umherschwenkend in der Hand hält: "Kommunistenpack! Wenn ihr nicht augenblicklich die Schnauze haltet, dann werf' ich meinen Schuh rüber!", brüllt sie dann immer. Da tut man dann besser daran, ganz still zu sein - denn wer hat schon gerne einen faschistisch angehauchten Schuh am Kopf, auch wenn man diesen, bei genauerem hinsehen, als Filzpantoffel entlarvt.

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Mittwoch, 12. Januar 2005
Alles im Zucker?


Mann war das rausgeworfenes Geld. Aber ich musste ja mal wieder unbedingt in einen Film, bei dem es an der Abendkasse noch genügend Karten gab. Was will man aber auch schon erwarten, wenn das Ganze das Prädikat "Deutsche Komödie" bekommt. Ich wollte es nicht glauben. Ein Wehrmutstropfen gab es dann nach dem Film. Da habe ich zufällig eine ältere Dame kennengelernt, die mir gleich die Geschichte von ihren beiden Söhnen erzählt hat, die sich erst dann wieder versöhnt hätten, als sie - ähnlich wie im Film - den Rabbiner kommen ließ. Geschichten aus erster Hand finde ich immer noch spannender und interessanter als dieses seichte Kinodahingeplätschere. Und die Geschichte der Dame hat nicht einmal fünf Minuten gedauert.

So und jetzt habe ich Halsschmerzen. Daran ist der Scheiß-Orkan vom Scheiß-Sonntagabend schuld, welcher durch das Scheiß-Berlin fegte. Aber so ärgern muss ich mich nicht über den Sturm. Ohne den wäre ich gestern nicht im Fernsehen zu sehen gewesen. Nur die Halsschmerzen jetzt finde ich gar nicht nett.

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Sprengstoff

Heimatlose Schwestern.
Anstatt der Wohnungen für Menschen, die in völliger Armut Dienst am Menschen tun, sollen Wohnungen für Besserverdienende entstehen. Ein Beispiel für den Wandel in unserer Gesellschaft.

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Beischlafende Beamte
Der Beweis: In BaWü können die Beamten auch noch etwas anderes als schlafen.

(Hehe. Habe den Artikel gerade ausgedruckt und werde ihn nächste Woche in meinem Büro aufhängen. Vielleicht kommen dann meine Bilderbuchbeamten, die sich Kollegen schimpfen dürfen, mal auf andere Gedanken.)

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Frustrierte Singles
Wenn ich so durch die Blogosphäre streife, erweckt sich in mir der Eindruck, dass selbige von frustrierten Singles dominiert wird.

Vielleicht fühle ich mich deshalb so wohl hier. Sonderlich frustriert fühle ich mich aber eigentlich nicht - muss aber nochmal darüber nachdenken...

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Titelsong
Die einen sind alt und hässlich,
die andern sind jung und schön,
die dritten sind bloß Wilde,
die von Schönheit nichts verstehen.
Und wie der eine aussieht,
so ist der andre innen drin
und weil alle nur verloren sind
ist alles halb so schlimm.

Und wir folgen euren Spuren,
wenn wir euch kriegen seid ihr tot,
das muss so sein,
da haben wir keine Wahl,
das ist auch besser so,
denn im Nirgendwo ist alles egal.

Die einen sind ohne Mitleid,
die andern sind ohne Furcht,
die dritten ohne Hoffnung,
das macht zufrieden durch und durch.
Denn was der eine nicht hat,
das hat der andre nie gesehen
und am Ende kann der eine nur
mit dem andern untergehen.

Und wir folgen euren Spuren,
wenn wir euch kriegen seit ihr tot,
das muss so sein,
da haben wir keine Wahl,
das ist auch besser so,
denn im Nirgendwo ist alles egal.

Die einen sind ohne Sünde,
die andern sind ohne Arg,
die dritten sind viel zu dämlich,
und so geht das Tag für Tag.
Hätten alle eine Mutter,
wären alle gar nicht hier,
was dann irgendwo im Nirgendwo
auch ziemlich schade wär.

Und wir folgen euren Spuren,
wenn wir euch kriegen seit ihr tot,
das muss so sein,
da haben wir keine Wahl,
das ist auch besser so,
denn im Nirgendwo ist alles egal.

Element of Crime

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Dienstag, 11. Januar 2005
Berlin ist Scheiße!
und ich wusste es schon immer.

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Donnerstag, 6. Januar 2005
Gerade weil du anders bist...
Du Schulze ließ mich heute nacht nicht in Ruh'.

Ich habe sie nocheinmal gesehen. Ein oder zwei Parties später. Sie kam erst als die Kasse schon geschlossen hatte. Kaum als dass sie die Türschwelle überschritten hatte, kam von hinten einer und haute der Schulze mit einer Bierflasche über den Kopf. Ich stand direkt daneben. Die Schulze sank zu Boden. Alle standen um sie herum und schauten zu wie das Blut aus ihrem Kopf über ihr Gesicht auf das Hochzeitskleid floss. Niemand tat etwas. Einer meiner Kumpels hat mich dann weggezogen. Meine Freunde wussten, dass ich mit solchen Situationen nicht fertig werde oder sie verabeiten kann. Ich weiß nicht, ob sie es überlebt hat. Aber sie war ja immer hart im nehmen.

Nur für die Schulze gibt's jetzt Rosenstolz:

Jeder hat es ja gewußt
jeder hat es ja geahnt
dass mit dir etwas nicht stimmt
lass sie nur reden

Wenn du etwas anderes bist
als der ganze lahme Rest
wird die Stadt langsam nerös - egal
lass sie nur reden

Lass sie nur reden
und wir lieben dafür laut
denn gerade weil du anders bist
weil du ein wenig seltsam bist
lieb ich dich noch mehr
lieb ich dich so sehr
ich halt dich fest
mir geht es wie dir

Das Gerede von Moral
war mir immer schon egal
und ich zieh mich langsam aus - für mich
und lass sie reden

In der Nacht kann es geschehn
dass ich in fremde Augen seh
und dann muß ich mit dir gehn - egal
lass sie nur reden

Lass sie nur reden
und wir lieben dafür laut
denn gerade weil du anders bist
weil du ein wenig seltsam bist
lieb ich dich noch mehr
lieb ich dich so sehr
ich halt dich fest
mir geht es wie dir

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Meine erste Liebe
Tanja. Wenn meine Mutter den Namen Tanja hört, fängt sie gleich an zu lamentieren: "Es war wie ein Schock für mich als ich Tanja zum ersten Mal sah. Sie war das hässlichste Mädchen, das ich jemals gesehen habe. Kurze fransige Haare, schlampige Klamotten, pummelig und ein Auge war zugeklebt (weil sie gerade eine Augenoperation hinter sich hatte). Und mein Sohn hat jeden Tag so von ihr geschwärmt!"

Ich lernte Tanja im Kindergarten kennen. Wir verstanden uns immer gut. Mit uns wollte kaum jemand spielen. Ich flennte wegen jedem Dreck und Tanja biss ohne Grund um sich in die Arme und Waden anderer Kinder. Mich ließ sie aber immer in Ruhe. Und zum spielen brauchten wir niemand anderes. Wir hatten ja uns. Ich war froh, dass ich Tanja hatte, bot sie mir doch mit ihrem Gebiss immer Schutz vor anderen garstigen Jungs. Ich fühlte mich sicher an ihrer Seite. Und Tanja war froh, dass sie mich hatte, war ich doch ein gerne genommener williger Barbiepuppenersatz: Ich wurde gekämmt, geschminkt und in Klamotten gesteckt, die Tanja in dem Kleiderschrank von Opa und Oma gefunden hat. Wir hatten jede Menge Spaß.

Der Argwohn meiner Mutter gegenüber Tanja wich, als sich unsere Mütter kennenlernten. Sie wurden Freunde. Beide waren sie alleinerziehend. Das schmiedet zusammen. Fortan verbrachten Tanja und ich nicht nur im Kindergarten die Zeit miteinander, sondern auch noch gelegentlich abends, aber vor allem am Wochenende. Wochenends machten wir meist Ausflüge. Meist waren noch irgendwelche Liebhaber unserer Mütter dabei, die unbedingt auf Family machen wollten. Für uns war das klasse. Endlich hatten wir auch eine Familie, die nicht nur aus Mutter und Kind bestand.

Wir wurden irgendwann eingeschult. Die Grundschulzeit verbrachten wir auch zusammen, obwohl sich plötzlich unser Freundeskreis erweiterte: Ich wurde selbstbewusster und Tanja hatte keine Lust mehr zum beißen. Wir verbrachten immer noch viel Zeit miteinander. Ich erinnere mich noch an jenem Nachmittag, Tanja und ich waren beide 10, da holte mich Tanja von zu Hause ab. Wir fuhren Fahrrad. Tanja lotste mich geradewegs in die einzige Tiefgarage unseres Stadtteils, weil sie mir was zeigen müsste. In der hintersten Ecke der Tiefgarage lag eine zerfledderte "Praline". Tanja meinte, ich solle sie lesen. Ich war zwar neugierig, fand aber die nackten Mädels nicht sonderlich interessant. Tanja fragte mich, ob mich das denn nicht scharf machte. Ich wusste nicht, was sie meinte. Da gab mir Tanja einen Kuss. Das wiederum fand ich aufregend. Als Tanja mir die Zunge in den Mund steckte, empfand ich das allerdings als ziemlich unangenehm, also wich ich aus. Tanja ließ nicht locker. Sie zerrte an meinem T-Shirt, warf mich auf den Boden und hockte dann auf mir. Ich wusste nicht was sie wollte. Ich wollte nur noch weg. Ich war zwar seitdem ich die Videosammlung meines Vaters durchsucht hatte aufgeklärt, aber mit zehn war ich leider noch nicht soweit, dass ich mich mit Sex auseinandersetzen musste, hatte ich doch bis dahin noch keine einzige Erektion. Tanja zerrte immer noch an mir herum. Als sie versuchte mir die Hose auszuziehen, schlug ich um mich und konnte mich ihren Fängen entreißen. Das war das einzige und auch letzte Mal, dass sich Tanja an mir vergriff. Fortan war wieder alles beim alten.

Als wir aufs Gymnasium kamen, trennten sich unsere Wege rasch. Tanja fand mehr gefallen an Jungs, die fünf bis zehn Jahre älter waren als wir, als an der Schule. Sie war kaum noch im Unterricht. Ich sah sie oft vom Klassenzimmerfenster aus wie sie bei den Jungs vor der Schule hockte und Bier trank. Ich wäre gerne dabei gewesen, weil ich auch cool sein wollte. Meine strenge Erziehung ließ das allerdings nicht zu.

Tanja flog irgendwann von der Schule. Wenn wir uns begegneten, tat sie immer so als würde sie mich nicht kennen und schaute demonstrativ weg. Ich war ein Spießer in ihren Augen und irgendwie war ich das auch. Ich hatte Verständnis für ihr Verhalten. Aber oft sahen wir uns eh nicht mehr und das obwohl wir in einer Kleinstadt aufgewachsen sind.

Die Jahre vergingen. Ich stand kurz vor dem Abitur. In unserer Kleinstadt fanden im Abstand von zirka zwei Monaten Discoveranstaltungen statt. Wenn ich Disco sage, dann hatte diese Veranstaltung recht wenig mit einer Diskothek zu tun, die man landläufig kennt. Die Veranstaltung war in einer alten Turnhalle. Die meisten kamen hin, weil der Alk billig war. Andere auch noch um sich bei Schlägereien oder Heavy Metal abzureagieren. Es war immer gerammelt voll. Durch die Luft flogen Bierflaschen, am Boden lagen die Alkleichen, geprügelt wurde in jeder Ecke, die Luft war schneidend und mit Schweiß getränkt und aus den Lautsprechern dröhnten Heavy-Metal-Klänge. Aber jeder war da. Ein Pflichttermin. Sonst wurde einem in der Provinz ja nichts geboten. Die Generation Golf Sektion schwäbische Rostbeulen war hier in Partylaune. An einem dieser Abende als ich 19 war stand also Tanja plötzlich vor mir. Etwas verwundert musste ich sie wohl angeschaut haben, da sie mich jahrelang gemieden hat. Es folgte ein kurzes Hallo-Wie-geht’s-Was-Machste-Dann-noch-viel-Spaß-Smalltalk. An jenem Abend sah ich Tanja noch einmal, wie sie auf etwas eintrat, das vor ihren Füßen am Boden lag. Als ich näher hinging sah ich die Schulze am Boden liegen, in deren Magen sich Tanjas Schuhe bohrten. Schulze – das Mädchen war drogenabhängig. Nun war es nichts außergewöhnliches, dass die Jugendlichen in unserer Stadt an der Nadel hingen. Die einen hingen an der Nadel und die anderen an der Flasche, so wie ich und meine Kumpels. Jeder versuchte halt auf seine Weise dem langweiligen Provinz-Alltagsleben zu entfliehen. Schulze war jedoch anders als alle anderen. Sie rasierte sich den Kopf, trug immer ein weißes Hochzeitkleid und ging Sommer wie Winter barfüßig durch die Straßen. Andersartigkeit wird in der Provinz nicht toleriert. Also musste Schulze leiden. Tanja war wohl an jenem Abend an der Reihe, um der Schulze zu zeigen, dass sie nicht ins Stadtbild passte. Niemand schritt ein. Soetwas hätte zu leicht zu einer Massenprügelei ausarten können. Irgendwann hatte Tanja keine Lust mehr zum Treten und ging weg. Die Schulze stand auf und tanzte weiter. Sie war hart im nehmen.

An jenem Tag sah ich Tanja zum letzten Mal. Nach dem Abi bin ich auch gleich weggezogen, hatte also auch keine Gelegenheit mehr dazu.

Tanja ist vor jetzt fünf Jahren gestorben – an einer Überdosis Heroin. Sie hat ein immer hübsch geschmücktes Urnengrab, direkt neben meiner Großmutter und eine Reihe vor ihrem letzten Freund, der ebenfalls an einer Überdosis verendet ist.

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Mittwoch, 5. Januar 2005
Berlin
Ständig wird man gefragt, was man an Berlin toll findet oder was nicht. Und jeder glotzt einem dann blöd an, wenn man sagt, dass man das letzte Mal vor 15 Jahren in der Bundeshauptstadt gewesen ist. Ich weiß gar nicht was ich da soll. Sicherlich hat sich in der Zwischenzeit einiges verändert. Aber muss man das unbedingt live gesehen haben? Kann ich mir nicht vorstellen.

Trotzdem werde ich jetzt morgen nach Berlin reisen. Die Bahn sponsert die Rückfahrkarte für 50 Euro. Den Preis für das Zimmer habe ich soweit runtergehandelt, dass ich jetzt überhaupt nichts mehr zahlen muss. Unter anderen Umständen hätte mich bestimmt nichts dazu bewegt, schon wieder eine Städtereise zu unternehmen. Ich komme gerade aus London, welches mit Sicherheit die weitaus interessantere Stadt ist.

Das wird bestimmt ein ganz furchtbarer Ausflug...

...aber ich kann dann wenigstens mit Gewissheit sagen, dass an Berlin alles Scheiße ist.

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Letzte Aktualisierung: 2005.03.19, 15:26
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